Fotoserie „Literatur verortet“ - Eine digitale Ausstellung.
„Literatur verortet“ - Literarisch bedeutsame Orte in Magdeburg
Was verbindet die in diesem Beitrag gezeigten Orte Magdeburgs? Sie sind von literarischer Bedeutsamkeit!
Im Rahmen meines FSJ-Projekts habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, auf die literarische Vielfalt Magdeburgs aufmerksam zu machen und vor allem jungen Menschen den Zugang zu Literatur mithilfe eines interaktiven, medialen Stadtrundgangs über die App „Actionbound“ zu erleichtern.
Um einen Teil der literarischen Orte in anderer Form vorzustellen, habe ich Fotografien angefertigt, die ich als Fotoserie unter dem Namen „Literatur verortet“ vorstellen möchte.
Im Folgenden werden die Orte mit literarischem Kontext beleuchtet.
Der Magdeburger Dom und Umgebung
Als literarischer Schauplatz erscheint der Magdeburger Dom in zahlreichen Werken. So ist er zum Beispiel Romankulisse in dem historischen Roman „Die Kathedrale des Lichts“ von Thomas Ziebula, der unter dem Pseudonym Ruben Laurin veröffentlicht wurde. Des Weiteren spielt der Dom in Gertrud von le Forts Roman „Die Magdeburgische Hochzeit“ und dem Kinderbuch „Mattis und das Wunder der Spitzbögen“ eine wichtige Rolle.
In unmittelbarer Nähe zum Dom im Park am Fürstenwall befindet sich außerdem das Denkmal für die deportierten Magdeburger Sinti und Roma, das einen Ort zum Gedenken an die Magdeburger Sinti und Roma bietet, die Opfer des Völkermordes in Auschwitz und anderen Vernichtungslagern wurden. Zu Ihnen gehörte auch Erna Lauenburger, genannt Unku, eine deutsche Sinteza, die in Auschwitz ermordet wurde. Sie diente als Vorbild für die Protagonistin Unku in Alex Weddings Buch „Ede und Unku“, das die Freundschaft des Berliner Jungen Ede zum Sinti-Mädchen Unku während der Zeit der Weimarer Republik beschreibt. Bei den Bücherverbrennungen 1933 wurde es zusammen mit zahlreichen anderen Werken vernichtet. In der DDR gehörte es zur offiziellen Schulliteratur, wodurch es sehr bekannt wurde. In Magdeburg gibt es weitere Gedenkstätten, die an die Magdeburger Sinti und Roma erinnern, so zum Beispiel der Ede-und-Unku-Weg (ein Teil des Holzweges) und eine Gedenkstele am Florapark, auf der auch Erna Lauenburgers Name zu finden ist.
Das Palais am Fürstenwall
Das eindrucksvolle Palais am Fürstenwall, in dem heutzutage die Staatskanzlei Sachsen-Anhalt ihren Sitz hat, hatte ursprünglich eine ganz andere Verwendung. Es diente als Generalkommando des IV. Armeekorps und auch Kaiser Wilhelm II. und seine Familie hielten sich regelmäßig dort auf. Aber wo ist hier die literarische Verbindung? 1911 diente der Schriftsteller Erich Weinert hier als Soldat. Dass er als Wachtposten vor dem Haus stand, wird allerdings eher weniger der ausschlaggebende Grund für die Umbenennung des Hauses gewesen sein, sondern eher die Tatsache, dass er ein kommunistischer Dichter war. Denn im Juni 1953, knapp zwei Monate nach dem Tod des Magdeburger Dichters, erhielt das Palais am Fürstenwall den Namen „Erich-Weinert-Haus der Deutsch-Sowjetischen-Freundschaft“.
Buchhandlungen
In Hundertwassers Grüner Zitadelle befindet sich eine kleine, außergewöhnliche Buchhandlung: „Das Fabularium - Fachgeschäft für wohlsortierte Buchstaben“. Geführt wird die Buchhandlung mit besonderem Mobiliar und Flair von Dorle Lange seit 2005. Jedes Möbelstück fügt sich harmonisch in den Stil des Magdeburger Hundertwasserhauses ein und das gemütliche Fachgeschäft lädt dazu ein dem Trubel der Stadt für eine Weile zu entfliehen.
Das Magdeburger Antiquariat, dass sich in der Liebigstraße verorten lässt, ist eine Buchhandlung, die eine Ruheoase nahe dem geschäftigen Hasselbachplatz darstellt und es sich zur Mission gemacht hat, Bücher für alle zu bieten.
Im Jahre 2021 feierte das in seiner Art in Magdeburg einzigartige Geschäft seinen 60. Geburtstag. Annerose Busse führt das Antiquariat seit 2005 und berät Kundschaft jeden Alters individuell mit viel Leidenschaft. Liebevoll bezeichnet sie das Antiquariat als ihr „zweites Wohnzimmer“ und möchte, dass sich ihre Kund:innen dort genauso wohl fühlen.
Nachhaltigkeitsgedanken spiegeln sich nicht nur im Konzept eines Antiquariats an sich wider, dass anstelle der Herstellung von neuen Büchern den Erhalt von bereits existierenden Büchern fördert, sondern zum Beispiel auch hinsichtlich wiederverwendeter Verpackungsmaterialien.
Außerdem ist es ihr wichtig, dass junge Menschen die Möglichkeit haben, Bücher oder Graphiken zum kleinen Preis zu kaufen und freut sich über das Publikum, das sich in den letzten Jahren stark verjüngt hat.
Brunnen
Unweit des Kulturhistorischen Museums befindet sich der Immermann-Brunnen, benannt nach dem Schriftsteller und Dramatiker Karl Leberecht Immermann. Er wurde in Magdeburg geboren und besuchte das Pädagogium des Klosters „Unser Lieben Frauen“ in Magdeburg. Nach einem Jura-Studium und freiwilliger Teilnahme am Krieg gegen Napoléon Bonaparte wurde er erstmals literarisch tätig. Zu seinen zentralen literarischen Werken gehören die Romane „Die Epigonen“ (1836) und „Münchhausen“ (1839), die sich durch ihre Gesellschaftskritik und Satire auszeichnen.
Besonders an heißen Sommertagen stellen dieser Brunnen und seine Umgebung einen Ort zum Verweilen dar: Der Faunbrunnen, im Volksmund auch Teufelsbrunnen genannt. Seinen zweiten Namen hat er von seiner Form selbst, die stark an einen Kessel erinnert, der wiederum mit Hexen und Teufel assoziiert wurde. Insgesamt 22 Figuren sind auf dem Brunnen verteilt und die Geschehnisse, sowie die Interpretationsmöglichkeiten sind vielfältig und inspirieren dazu, selbst kreativ zu werden.
Die Figur, die Euch vom dritten Brunnen herab schelmisch angrinst, stellt niemand Geringeres dar als den berühmten Till Eulenspiegel. Der Eulenspiegelbrunnen wurde im Jahr 1970 vom Magdeburger Bildhauer Heinrich Apel geschaffen. Grund dafür ist eine Sage, nach der Till Eulenspiegel den Bürgern der Stadt Magdeburg ankündigte, vom Rathaus zu fliegen, was sich letztendlich als Lüge entpuppte und die Sensationsgier der Bürgerschaft entlarvte. Zusätzlich zum Eulenspiegel-Brunnen sind zwei weitere Abbilder von Till Eulenspiegel auf dem Alten Markt versteckt: Eins befindet sich auf der Rückseite der Statue „Magdeburger Roland“ vor dem Rathaus und ein weiteres auf der Tür des Alten Rathauses, die übrigens auch von dem Bildhauer Heinrich Apel gestaltet wurde.
Bibliotheken und Literaturklubs
Das Schauspielhaus ist zwar vor allem für seine Theaterveranstaltungen bekannt, jedoch existiert dort seit 2009 auch ein Literaturklub unter dem Motto „Lesen Sie - lesen Sie - lesen Sie viel. Lesen Sie alles.“ Ein- bis zweimal monatlich treffen sich Literaturbegeisterte zum Austausch über ein in der Runde ausgewähltes und gemeinsam gelesenes Werk. Da spielt es keine Rolle, „ob Klassiker oder neue Literatur, ob europäisch, amerikanisch, asiatisch, oder afrikanisch - alle Zeiten und Kontinente werden erkundet.“
In der Zentrale des LSVD (Lesben- und Schwulenverband in Deutschland) Sachsen-Anhalt versteckt sich auch ein literarisch bedeutsamer Ort: Die queere Bibliothek. Hier findet man ein breites Angebot von über 500 Titeln lesbisch-schwuler Fachliteratur und Belletristik, die bei Interesse zu den angegebenen Bürozeiten ausgeliehen werden können. Auch wenn man sich nicht als queer identifiziert, kann es wertvoll sein einen Einblick in das Leben von queeren Menschen zu erhalten, um ein Verständnis für die Diversität in unserer Gesellschaft und einen offenen, sensiblen Umgang mit deinen Mitmenschen zu gewinnen.
Die Progressive Bibliothek mit dem Namen „Zusammen gebunden“ der Initiative platz*machen in der Sternstraße:
Im Kieztreff „Tacheles“ am Hasselbachplatz trifft man auf kritische und diverse Literatur, zu Themen wie Feminismus, Antirassismus, Dekolonisierung, Gender, Patriarchat und vielem mehr.
Gegen Spende oder zum Ausleihen stellt das unabhängige, selbstorganisierte Kollektiv Bücher zur Verfügung, die man sich donnerstags von 17-19 Uhr mit einer Leihdauer von sechs Wochen ausleihen kann. Welche Bücher aktuell verfügbar sind, kann man auf ihrer Website in der Literaturliste einsehen.
Das Kulturhistorische Museum Magdeburg beherbergt eine Museumsbibliothek mit einem Bestand von ca. 64.000 Buch- und Zeitschriftenbänden aus dem 15. bis 21. Jahrhundert. Falls man etwas zur Magdeburger Stadtgeschichte herausfinden möchte, ist man hier genau richtig, denn das ist ein besonderer Schwerpunkt der Bibliothek. Außerdem findet man dort Publikationen aus den Bereichen Kunst, Geschichte, Numismatik, Archäologie und Naturkunde. Jedoch solltet man sich vorher anmelden, um dort recherchieren zu können.
Falls Dir/Ihnen dieser Ausblick in die literarische Vielfalt der Stadt Magdeburg gefallen hat, empfehle ich Dir den dazugehörigen Actionbound auszuprobieren.
Zum Abschluss möchte ich nochmals das Motto des Literaturklubs des Schauspielhauses aufgreifen:
„Lesen Sie - lesen Sie - lesen Sie viel. Lesen Sie alles.“
Und damit viel Freude beim Erkunden weiterer literarischer Orte der Stadt Magdeburg!
-Luisa Gehm, FSJlerin Literaturhaus Magdeburg 2021/22
(© aller Fotografien: Luisa Gehm)