Albrecht Franke: Er wollte nicht modern sein …

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Erinnerung an Hanns H. F. Schmidt (4. Juli 1937 - 26. Sept. 2019)

Unmodern zu sein, das lässt sich niemand gern vorwerfen. Denn das ist fast eine Verurteilung, heute, da Konservatismus beinahe ein Schimpfwort geworden ist. Von Hanns H. F. Schmidt aber ging so etwas aus wie Konservatismus. Ich meine das nicht im Sinne von „altmodisch, altbacken, vorgestrig“, sondern der Bedeutung, dass man sich am Hergebrachten, Überlieferten orientiert. Das prägte ihn und sein Herangehen an Literatur und Schreiben.

[…]

Er lebte in der Geschichte, war im Grunde ein wandelndes Historienlexikon, besonders der Literaturgeschichte, auch der regionalen. Über mein Expressionisten-Buch [Letzte Wanderung, 1983; Anm. d. Red.] sagte er mir, dass man natürlich so über Schriftsteller und Literatur schreiben könne, so modern, aber er könne so nicht schreiben. Das war wohl auch einer der Unterschiede zwischen uns. Vielleicht auch der Grund, dass er Christa Johannsen ablehnte, die ja immer nach modernen Formen Ausschau hielt und mich damit durchaus angesteckt hatte. Dennoch bildet ein Gespräch, das ich am 8. Januar 2014 im Magdeburger Literaturhaus mit ihm führte, ein wichtiges Element meines Buches über Christa Johannsen. Und das Gespräch verlief so typisch, wie es nur möglich ist, es enthält eigentlich den ganzen Hanns H. F. Schmidt. […]

Und auch hier wurde wieder die Gründlichkeit seiner Arbeitsweise deutlich, er hatte Informationen aus Archiven und Bibliotheken zusammengeholt, oft dachte ich, dieser Mann hätte auch als Archivar Karriere gemacht.

Ich habe nur einen Bruchteil dessen gelesen, was er geschrieben hat. Zu verschieden sind wohl unserer Herangehensweisen bei der Arbeit. Zum Beispiel fehlt mir Rastlosigkeit, die Intensität seines Schreibens. Die Bibliografie seiner Werke gibt darüber Auskunft. Darüber schrieb er mir einmal, das war 2015: „… die Verbindung unserer lokalen Literaturgeschichte mit eigenen Arbeiten finde ich außerordentlich gut. Es gibt ja Literaturgeschichten plus Beispielsammlungen (zum Teil mehrere Auflagen) über ‚Altmark‘, Prignitz, Magdeburg und die Börde‘ (drei Lesebücher im Hinstorff Verlag von mir und auch ‚Magdeburg literarisch‘ (des Literaturhauses Magdeburg); aus der Bibliografie ‚Sachsen-Anhalt‘ ULB Halle entnehme ich gerade, ich hätte über ca. 200 Autoren vergangener Zeiten veröffentlicht …“

[…]

Gerade die Bücher im Tauchaer Verlag [Sagen und Bilder um das Thüringer Land, 2000; Sagen und Bilder aus Berlin-Brandenburg, 2006; Originale aus Sachsen-Anhalt: Kurzweiliges, 2010; Anm. d. Red.] scheinen die Behauptung vom absichtlichen Unmodernsein zu bekräftigen. Der Umschlag und der Inhalt scheinen aus einer anderen Zeit zu stammen. Das Buch enthält Erinnerungen, Geschichten weihnachtlichen Inhalts mit Titeln wie aus vergangener Zeit, aber auch, und das ist wieder typisch für ihn, einen Text mit dem Titel „Die MegaSuper Geschenkidee“. Und vielleicht ist es gerade das vermeintlich Altmodische, das einen in den Bann ziehen kann.

[…]

[gekürzter Vortrag von Albrecht Franke im Rahmen der Gedenklesung für Hanns H. F. Schmidt, 8.07.2020 im Literaturhaus Magdeburg]


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